Stellungnahme zum Umkehrdach anhand der DIN 18531 – Abdichtung von Dächern, sowie Balkonen, Loggien und Laubengängen
Auf Grundlage der Fachregeln der Normen für Abdichtungen wurde ich gebeten eine Stellungnahme bezüglich Umkehrdächer auf 0 %-Gefälledächer zu erstellen mit dem Abdichtungsaufbau von unten nach oben wie folgt:
- Betondecke Zementschlempenfrei im 0 %-Gefälle.
- Polymerbitumen – Voranstrich.
- Erste Abdichtungslage PYE PV 200 DD in Polymerbitumen vollflächig eingegossen.
- WS PYE PV 200 S 5; die Schweißbahn wird als Wurzelschutzbahn ausgelegt, da in Teilbereichen eine Dachbegrünung aufgebracht wird.
- XPS – Wärmedämmstoff
- Trennlage
- Diverse Aufbauten wie Kies, Dachbegrünung, Betonfundamente, Betonfahrbahn für die Fassadenreinigungsanlage.
- Gehwegplatten für die Terrassen.
Die DIN 18531 unterscheidet für beide Dachnutzungen hier:
- Nicht genutzte Dächer und
- Genutzte Dächer
Zur Definition:
genutzte Dächer begehbar Dachflächen, z. B. Dachterrassen, Gehwege in begrünten Dächern, intensiv Begrünungen mit Anstaubewässerungen < 100 mm, Solaranlagen und/haustechnische Anlagen.
nicht genutzte Dächer sind Dächer, die nur zur Wartung des Daches begangen werden und extensiv begrünte Dächer.
Zu den Anforderungen der Norm werden hier unterschiedliche Anforderungen an die Abdichtung gestellt:
Mechanische Einwirkungen:
Stufe I: Hohe mechanische Einwirkung
Stufe II: Mäßige mechanische Einwirkung
Thermische Einwirkung:
Stufe A – Hohe thermische Einwirkung
Stufe B – Mäßige thermische Einwirkung
Somit ergeben sich folgende Einwirkungsklassen
Tabelle 1 — Einwirkungsklassen für Abdichtungen
Auszug aus der DIN 18531
Die DIN führt weiter aus, dass es für die nicht genutzten und genutzten Dächer zwei Anwendungsklassen gibt, hier die Standardausführung K1 und die höherwertige Ausführung K2.
Zu dem Gefälle führt die Norm aus, „Dazu sollte ein Mindestgefälle von 2 % geplant werden.“
Hierzu erfolgt eine Ergänzung, wenn es nicht zu Schäden im Oberbodenbelag kommt.
Zitat
6.3.2 Anforderungen an das Gefälle in Abhängigkeit von der Anwendungsklasse
6.3.2.1 Anwendungsklasse K1
Dächer der Anwendungsklasse K1 können auch ohne Gefälle geplant werden, wenn die Auswahl der Abdichtung die Anforderungen der Anwendungsklasse K2 erfüllt.
6.3.2.2 Anwendungsklasse K2
Dächer der Anwendungsklasse K2 sind in der Fläche mit einem Gefälle von ≥ 2 % zu planen. Im Bereich von Kehlen sollte ein Gefälle von 1 % geplant werden.
Auszug DIN 18531
Somit ist definiert, dass ein Umkehrdach in 0 % Gefälle geplant werden darf. Weiter führt die Norm aus, dass es Maßnahmen zur Begrenzung von der Wasserunterläufigkeit gibt. Hier werden die Schichten im Verbund mit dem massiven Untergrund hergestellt.
Somit ist durch die Norm das Umkehrdach definiert. Für den Untergrund des Betons müssen folgende Eigenschaften eingehalten werden.
„Flächen aus Beton oder Zementestrich müssen ausreichend erhärtet und oberflächentrocken sein. Die Oberfläche muss stetig verlaufend, geschlossen, sowie frei von Kiesnestern und Graten sein.“
Weiter muss die Decke schlempenfrei sein, dass hier ein Verbund des Polymerbitumen mit der Betondecke erfolgen kann. Eine Untergrundvorbehandlung wie bei einem Brückenbauwerk mit Kugelstahlen und Epoxidbeschichtung ist technisch nicht notwendig!
Wenn die Abdichtung aufgebracht ist, erfolgt der Schutz der Abdichtung durch einen XPS Dämmstoff, der auch gleichzeitig die Dämmung des Gebäudes übernimmt, z. B. der Fa. DOW Roofmate SL-A. Diese Dämmungen sind alle in der DIN 4108 zugelassen und haben für Sonderanwendungen wie für Dachbegrünungen Zulassungen des DIBt.
Die Windsogsicherung der Wärmedämmung wird durch eine Auflast hergestellt, bei der die Auflast noch den Vorteil hat, dass die Abflussmenge des Niederschlagwasser nach DIN 1986-100 reduziert wird, hier von 10 % bis 90 %. Dies wirkt sich auch noch positiv auf die Abwassergebühren aus und die Regenrückhaltung trägt zur nachhaltigen Wassernutzung bei. Es werden die Abwasserkanäle entlastet.
Zu der Dachbegrünung ist folgendes festzuhalten:
Die Dachbegrünung ist ökologisch sinnvoll, da ein Schutz der Abdichtung durchgeführt wird und die Dachabdichtung langlebiger ist. Die Temperatur wird erheblich reduziert durch die Verdunstung des Regenwassers. Es werden ca. 3-5 Liter/m²/Tag bei Sonnenschein verdunsten, somit liegt ein ca. 10-facher Kühleffekt gegenüber einer „nackt“ liegenden Dachabdichtung vor. Es wird ein ökologisches Mikrolima für Fauna und Flora geschaffen.
Zur Auflast Kies und Platten gilt gleiches wie vor, jedoch mit geringeren Verdunstungs-Werten.
Auf Grund meiner langjährigen Erfahrung ist folgendes festzuhalten:
Der oben aufgeführte Dachaufbau ist die sicherste und langlebigste Art, ein Flachdach abzudichten.
Bei der so auszuführenden Verbundabdichtung wird letztendlich eine Abdichtung gemäß ZTV-Ing. für Brückenabdichtungen, sowie für Abdichtungen im Bereich von Parkdächern auf der Betondecke nachvollzogen und sämtliche Vorteile dieses Systems werden im Dachbereich auch erreicht.
Die Lebenserwartung der Abdichtung unter Berücksichtigung der
- Umwelteinflüsse
- UV- Strahlung
- Thermische Beanspruchungen
ist wesentlich länger, als bei einer herkömmlichen Warmdachausbildung.
Auch bei den Anschlüssen treten diese Belastungen nicht auf, da bei Attika und Wand ebenfalls die Umkehrdämmung vor die Abdichtung gestellt wird.
Zur aufkommenden Diskussion, dass Wasser unterhalb der XPS – Wärmedämmung stehen wird und sich unterhalb der Abdichtung Pfützen bilden können, ist folgendes festzuhalten:
Auf der XPS – Dämmung, die als Druckverteilplatte dient, wird eine Auflast aufgebracht, die physikalisch das Wasser wegdrückt.
Dies funktioniert so, wie bei dem physikalischen Experiment, in dem bei einem 10 Liter Eimer Wasser eine druckstabile Scheibe, wie z. B. XPS- Wärmedämmung ausgeschnitten wird. Wenn Sie diese nun oben auf den Eimer legen und hier Gewichte aufbringen passiert folgendes:
Das Wasser drückt sich im Randbereich zwischen XPS – Platte und der Eimerwandung hoch und fließt ab.
Das Gleiche passiert beim Umkehrdach; das Wasser wird somit zum Entspannungspunkt gedrückt, dies ist in dem Fall dann die Entwässerung (Gully).
Somit können auch diese Bedenken entkräftet werden.
Es tritt auch dann kein Problem auf, wenn tatsächlich mal eine Vertiefung mittig der relativ formstabilen Platten vorhanden wäre, da das Wasser sich in diesem Bereich auf der Abdichtung sammeln würde und nicht abfließen kann, demnach würde auch kein Wärmeverlust entstehen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass ein Umkehrdach mit einer Verbundabdichtung auf eine betonschlempenfreie Betondecke auch im 0 % Dach die beste Abdichtungsvariante darstellt.
Im Bereich meiner gutachterlichen Tätigkeit habe ich erst ein undichtes Umkehrdach gesehen, hier ist die Leckage Stelle direkt gefunden worden und ohne großen Aufwand behoben worden.
In meiner Zeit als Ausführender bei der Fa. Ruberoid (bis 2001 der größte Abdichter Europas) habe ich selber ca. 400.000,00 m² Umkehrdächer gebaut.
Als Planer (Seit 2001) habe ich ca. 300.000,00 m² geplant und teilweise auch in der Bauleitung überwacht, auch hier sind keine Schäden aufgetreten.
Die Ausführung stellt eine Abdichtung dar, die den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entspricht. Diese Art der Abdichtung ist gemäß meiner Erfahrung die sicherste Abdichtung, die unter wirtschaftlichen Aspekten gebaut werden kann. Der Abdichtungsaufbau sollte mit dem Bauherren diskutiert und vereinbart werden, da der Bauherr so eine längere Lebenserwartung der Dachabdichtung erwarten kann.